Walt Disney hatte scheinbar eine Methode, mit seinen Ideen umzugehen, die eine Teilung seiner Persönlichkeit in drei Rollen beinhaltete: den Visionär, den Realisten und den Kritiker. Also: diese Disney-Methode gibt es wohl tatsächlich, wohingegen der Umstand, dass jede Teilpersönlichkeit Walt Disneys einen eigenen Schreibtisch in seinem Büro hatte, zwischen denen Disneys Körper dann hin und her lief, mir von einem Bekannten überliefert wurde, der Walt Disney möglicherweise nie selbst kennengelernt hat. Schwer überprüfbar.
Darum geht es aber auch nicht. Worum es geht, ist: Der Visionär hat nach dieser Methode die Aufgabe, Ideen rauszuhauen, und zwar ohne Grenzen und Regeln. Einfach mal ungehemmt losspinnen, was man also gern so alles tun und machen und umsetzen würde. Wenn das getan ist, kommt der Realist ins Spiel: Der kennt die Grenzen und Regeln der realen Welt, und sagt daher: Du willst eine neue Menschenrasse züchten, die keine Nahrung braucht, keinen eigenen Willen hat und schon vorab mit allen Bildungsinformationen gefüttert ist, und die nur dafür da ist, sich im Kampf für das Gute die Finger schmutzig zu machen? Okay, dafür brauchst Du rund zwei Billionen Dollar [i. e. völlig aus der Luft gegriffener Betrag], ein Labor, einen Staat ohne Genforschungsgesetzgebung, Rückendeckung von verschiedenen Regierungen, diese und jene Informationen und vielleicht dreißig Jahre. Der Kritiker sagt: Nie im Leben kriegst du das durch, und wie sollte das überhaupt aussehen, der Kampf für das Gute? Wer findet das Gute denn gut, du? Der Realist sagt dann wieder: Na jaaa, das Gute müsste natürlich eine wissenschaftlich erhärtete Grundlage haben, die sich am demokratisch erhobenen größten Nutzen für die globale Menschheit orientiert, damit es die Unterstützung, die es bräuchte, überhaupt bekommen kann. Der Visionär sagt wiederum: Oh ja! Wir erfassen die notwendigen Faktoren für das größtmögliche Glücksempfinden einer weltweiten und schicht- und kulturübergreifenden Bevölkerung UND aller Tiere und Pflanzen, und entscheiden auf dieser Grundlage, was das Beste für die gesamte Welt ist. Der Realist sagt: Oh, dann eher zehn Billionen und vierzig Jahre. Und so weiter.
Die Methode hat viel für sich, konkret: Man kann als Visionär mal einer Spinnerei richtig nachgeben und bremst sich nicht gleich durch lauter Abwägen selbst wieder aus. Das tut man ja dann später in den anderen Rollen, in denen dafür Platz ist, und dann ist alles an Vision aber schon in der Welt und nicht von vornherein zurück ins Gehirn gestopft. Das ist schön, denn so sind große Ideen überhaupt möglich.
Das wahrste Wort, das besagter Bekannte aber sprach, als er die Methode erklärte, war: Der Visionär und der Kritiker dürfen sich niemals begegnen.
Und da hat er so recht wie Krake Paul bei den WM-Spielen 2010. Wer je eine auch nur etwas gewagtere Idee entwickelt hat, und schon beim ersten Erwähnen nichts als Dinge zu hören bekam wie: ‚uff, also ich weiß nicht, das ist aber ganz schön unwahrscheinlich, dass das funktioniert; ob ich da jetzt so viel Energie reinstecken würde, was wenn dies und jenes nicht so läuft…‘ – und das passiert oft -, der weiß, dass die Teilpersönlichkeit, die bei den allermeisten Menschen am lautesten schreit, der Kritiker ist. Und das mag bei Menschenrassenzüchtungsvorhaben gar nicht mal unangebracht sein, aber in der Regel geht es ja doch um gute, schöne und wichtige Gedanken, die jemand hervorbringt, und die von der nächsten Meckerliese Stück für Stück kleingerupft werden. Oft genug von der eigenen inneren Meckerliese, und das ist schade und schlimm. Denn dann bleibt alles immer sicher und klein und langweilig, und man krepelt so durch die Existenz dahin und richtet halt sich und alles nur ganz langsam zugrunde.
Darum: Keine direkte Interaktion zwischen Visionär und Kritikern! Von innen nicht, von außen nicht. Wer jemanden mit einer Großer-Wurf-Idee trifft, soll sich drüber freuen. Wer so jemand ist: erst recht. Soll den Visionär in Ruhe lassen. Und dann mal machen.
hach wunderbar, danke !
Sehr gerne! Ich freu mich über den Reblog – danke! – und eine fabelhafte Restwoche!
Hat dies auf …abstrakte, expressive Malerei rebloggt und kommentierte:
Allmorgendlich gehe ich auf Wanderschaft durch die Blogs die ich verfolge. Noch vor einiger Zeit habe ich hauptsächlich morgens nur auf Facebook geschaut, doch das Kaffeetassenposten, gutenMorgen wünschen, Herzchengrüße und Montagsgestöhne geht einem doch irgendwann gehörig auf die…..viel lieber klicke ich mich durch die Blogs und finde jeden Morgen interessante Einträge….wie diesen hier. Klasse !
Hat dies auf undbleibensiesowiewirsind rebloggt und kommentierte:
sehr wichtige Erkenntnis, ein Werkzeug nicht nur für den Künstler, den Wissenschaftler…